2015 05 09 0107:00 Treffpunkt Horstfelder Friedhof

Am frühen Sonnabendmorgen fanden sich 26 interessierte Wanderfreunde am Friedhof in Horstfelde ein. Unter ihnen Horstfelder, Zossener, Schünower. Ihre Fragestellungen und Zwischenbemerkungen ließen erkennen, dass sie sich nicht das erste Mal mit der Geschichte ihrer näheren Umgebung befassten. Umso interessanter die Eindrücke eines aus Bremerhaven zugezogenen Ehepaares. Das Ehepaar Brunhilde und Jürgen Taddicken jetzt wohnhaft in Zossen. Sie habe die sie jetzt umgebende Landschaft schon viel mit dem Fahrrad erkundet.

 

Am Ende der Wanderung nach ihrem Eindruck gefragt, Brunhilde Taddicken:

„Die Wanderung fand ich sehr gut. Was für Frühaufsteher. Wir haben sehr viel über die Gegend erfahren, über die einstige Mühle auf dem Mühlenberg, die Radarstation, über

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Ehepaar Taddicken - erstmalig dabei

Hügelgräber aus der Bronzezeit. Ich finde es einfach lobenswert, wenn sich jemand bereit erklärt, sein Wissen auf diese Art und Weise an andere weiterzugeben.“

Was hat Sie heute am meisten beeindruckt?

Die ganze Geschichte um Horstfelde.

Ihr Ehemann stimmte ihrer Wertung der Wanderung zu. Ihn beeindruckte am meisten der Kiessee. Vor allem weil neben dem industriellen Kiesabbau mit der Wasserskianlage auch etwas für den Spaß der Leute getan werde.

Beide wollen im nächsten Jahr wieder dabei sein.

Zunächst führte Klaus Voeckler die Besucher um den Friedhof herum, bis der Blick auf den Mühlenberg über Wiesen und Felder frei wurde. Auch die Häuser am Dorfrand von Horstfelde waren von hier aus zu sehen.

Geschichtsträchtiges

Dergischow Horstfelde

Horstfelde bis 1937 Dergischow, da jedoch slawische Namen zu jener Zeit anrüchig waren, wurde Dergischow auf Betreiben des damaligen „Dorfschulzen“ in Horstfelde umbenannt. „1430 wird Dergischow erstmalig urkundlich erwähnt“, so Klaus Voeckler. „Die Herren von Torgow übergaben zwei Altäre der Zossener Kirche.“ Damit verbunden sei aber auch die Pflicht zur Abgabe von Naturalien gewesen. Vermutlich sei der Ort jedoch um einiges älter. 1857 brannte der Ort völlig nieder, vier Menschen kamen in den Flammen um.

Obwohl der slawische Name vermuten lässt, dass hier einst Slawen siedelten, konnte bisher keine slawische Siedlung nachgewiesen werden. Brav seien die ärmeren Bauern damals über einen Trampelpfad sonntags zum Kirchgang nach Zossen unterwegs gewesen, die reichen Bauern hingegen fuhren mit der Kutsche die Straße entlang.

II. Weltkrieg

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Mühlenberg Klaus Voeckler über die Geschichte des Berges

Auf dem Mühlenberg, so erfuhren die Teilnehmer, hat im II. Weltkrieg eine Radarstation mit Decknamen "Jagdhaus" gestanden, eine zweite war zwar im Funkwerk produziert und eingelagert worden, kam aber nicht mehr zum Einsatz. Diese Radarstation konnte Kampfverbände der Alliierten bereits wahrnehmen, als diese Hannover passierten. Wenn der Radarturm sich drehte, war dies für die Anwohner ein Zeichen, dass sich voraussichtlich Bomber näherten. In der Nacht vom 23. Zum 24. August 1944 überflog ein brennender Lancaster-Bomber Horstfelde und stürzte schließlich in den Wulzen ab. Dabei kamen alle Besatzungsmitglieder ums Leben und wurden zunächst auf dem Friedhof Nächst Neuendorf beigesetzt, später umgebettet auf den britischen Soldatenfriedhof in Berlin. http://www.maz-online.de/Lokales/Teltow-Flaeming/Die-Bombennacht-vom-23.-August-1943 Acht Horstfelder verloren vermutlich durch einen verirrten Bombenabwurf ihr Leben. So hinterließ dieser Krieg, dessen Ende vor 70 Jahren in diesen Tagen gedacht wird, auch hier seine Todesspur.

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Das bronzezeitliche Kultobjekt wird betrachtet

 

Bronzezeit:

Wenn solch ein geschichtsträchtiger Ort ausgewählt wird, sind in der Erläuterung Zeitsprünge unumgänglich. Die Blicke jetzt auf die unmittelbar vor ihnen liegenden Hügel gerichtet, erfuhren die Gäste von dem sensationellen archäologischen Fund 1929. Ein bronzezeitliches Kultgerät, eine Kultwagen aus Ton war gefunden worden, später noch ein Steinkistengrab mit Beigaben, so dass davon auszugehen ist, das die Teilnehmer vor einer bronzezeitlichen Siedlung standen. Die Bronzezeit sollte im weiteren Verlauf der Wanderung nochmals eine Rolle spielen.

Baggerberg:

Vom Baggerberg zum Kiessee war die Wanderung überschrieben. Der Baggerberg lag dann rechts im Blickfeld. Hier wurden Erdmassen für den Bau für Bahndämme für eine Bahnverbindung von Zossen nach Großbeeren, vor allen auch unter Einbeziehung von Gefangenen und Deportierten, abgebaggert. Zu DDR-Zeiten wurde das Gelände als Schießstand der Volkspolizei genutzt.

Nach diesen Ausführungen wanderten alle weiter durch die Horstfelder Heide, eine von der eiszeitgeprägte Dünenlandschaft, die bis Mitte des 19. Jahrhunderts gemeinschaftliche Hütung war, bevor sie privatisiert wurde.

Tatort Heide - Förstermord

Es war der 12. Februar 1919 als sich Förster Julius Heine mit seinem Begleiter Hermann Käthe auf den Weg in die Heide begab. Damals lag ein Feld mit Lupinenstroh vor Ihnen, als sie einen Schuss hörten. Wilderer trieben seiner Zeit ihr Unwesen in dieser Gegend. So verharrten sie eine Weile und lauschten. Als sich jedoch nichts mehr regte, zündete sich der Förster vermutlich eine Zigarette an. Da trafen ihn auch schon die Kugeln. Er brach sofort zusammen. Der Förster wurde noch am gleichen Tag noch lebend vom Ziegeleibesitzer gefunden, erlag jedoch bald seinen Verletzungen. Seinen Begleiter traf auch noch eine Kugel, als dieser sich bereits auf der Flucht befand. Er konnte sich jedoch noch bis zum Schützenhaus retten, bevor er zusammenbrach. Auch er überlebte nicht. Beide erschossen mit einem Karabiner 98 aus dem I. Weltkrieg. Der Verdacht fiel bald auf ortsbekannte Wilderer. Die Polizei traf den Vater Zuhause an, der die Tat auf sich nahm, während sein Sohn flüchtig war, sich in die Reichswehr rettete. Der Vater wurde verurteilt, sein Sohn blieb ungeschoren. Viele Jahre später gestand dieser, dass er der Mörder gewesen sei.

Bronzezeitliche Hügelgräber

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Tatort - Förstermord Bronzezeitliche Hügelgräber

Da war sie wieder die Bronzezeit. Wer als Spaziergänger diesen Weg vorbei am Kiessee auf die Steinberge entlanggeht, dem wird kaum etwas Besonderes auffallen. Anders, wer mit Klaus Voeckler unterwegs ist. Die kleinen Erhebungen in der Landschaft sind nicht von der Natur so entstanden, sondern die Menschen der Bronezeit haben hier ihre Toten in Hügelgräbern, die heute unter strengem Denkmalschutz stehen, bestattet.

Die Wanderung endete offiziell, auf der Anhöhe über dem Kiessee, von der aus das gesamte Geschehen auf dem Kiessee weiträumig überblickt werden konnte. Die Horstfelder und andere Bewohner aus umliegenden Ortschaften holten sich hier von je her ihren Kies. Heute erfolgt der industrielle Abbau. Daneben die Wasserskianlage.

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Am Kiessee Lecker!

 

Am eigentlichen Ende der Wanderung stand dann Klaus Andrae mit Kaffee und Bockwurst am Förstersitz. Selbst hier rastete Klaus Voeckler kaum. Herr Patereit brachte zwei klobige Feuersteine zur Raststätte mit, die er in seinem Garten und in Dabendorf gefunden hatte. Klaus Voeckler erkannte in diesen gehauene Hammersteine unserer Vorfahren.

Text und Fotos: Dr. Rainer Reinecke

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