Archäologie bei Rathaus, Burg und "Oberlaubenstall"

2010 01 23 01
Die Vorsitzende des Heimatvereins,
Karola Andrae, im Gespräch mit Dietmar Kurapkat,
TU Berlin (l) und Archäologe Ulrich Wiegmann (r)

Die Organisatoren des Heimatvereins hatten nicht nur wegen der Witterung, sondern auch wegen der mehr als sechzig Besucher gut daran getan, zu der Veranstaltung "Keller - Brunnen - Palisaden. Archäologie bei Rathaus und Burg" nicht in den Alten Krug, sondern im Gemeindesaal der evangelischen Kirche einzuladen. Während der Archäologe Ulrich Wiegmann, der als Archäologe alle Baumaßnahmen in Zossen begleitet, über interessante Funde beim Bau des Rathausparkplatzes und des Burgspielplatzes im Jahre 2009 berichtete, informierte Dietmar Kurapkat von der TU Berlin über das Jahrgangsprojekt Oberlaubestall in der Berliner Straße 9.

So erfuhren die interessierten Zuhörer von den Kellerfundamenten, die auf dem Gelände hinter dem Rathaus gefunden wurden. Sie gehörten vermutlich zu einer dort 1707 gegründeten Apotheke. Wiegmann stellte mit leichtem Bedauern fest, dass der Keller nicht noch tiefer freigelegt werden konnte. Das Gebäude der Apotheke musste höchstwahrscheinlich dem späteren Rathausanbau weichen. Es gehörte aber offensichtlich zu den bereits nach dem Stadtbrand 1671 errichteten Häusern. Den Stadtbrand nutzten die Zossener und erweiterten ihren Marktplatz und errichteten die neue Häuserreihe etwa zehn Meter weiter hinten.
Im Stadtpark stießen die Bagger, die für die Wege den Boden etwa 40cm tief austauschen mussten, auf Pfosten. Während die Bäume für die südliche Reihe der Pfosten zwischen 1524 und 1531 geschlagen wurden, geben die Pfosten auf der östlichen Seite doch Rätsel auf. Die dendrochronologischen Untersuchungen ergaben hier Altersunterschiede von 1498 bis 1763. Die älteren Pfosten, so eine Vermutung, stammen vielleicht aus der ehemaligen Burg und wurden wiederverwendet. Mit den jüngeren wurden vermutlich schadhafte Stellen ausgewechselt.

Was Dipl. Ing. Dietmar Kurapkat von der TU über den Oberlaubenstall in der Berliner Straße 9 zu berichten wusste, war mindestens ebenso interessant. Doch zunächst unterrichtete er die Zuhörer über die Masterprojekte der Denkmalpflege an der TU Berlin. Student, die bereits ein Studium als Architekt, Archäologe, Bauingenieur oder auch Kunstgeschichte absolviert haben, widmen sich in diesem Masterstudium in verschiedenen Studienmodulen der Denkmalpflege. Für den praktischen Teil der Ausbildung wird immer ein konkretes Objekt ausgesucht, an dem die Studierenden Denkmalpflege von der Erfassung des Denkmals bis zur späteren Nutzung erproben können. Auf Anregung von Hillu Preuss von der unteren Denkmalpflege wurde der Oberlaubenstall in der Berliner Straße 9 unter Denkmalschutz gestellt und schließlich das Masterprojekt 2009/2010 der TU Berlin. Die studierenden Denkmalpfleger, so Kurapkat, werden nach Abschluss des Studiums wohl kaum wieder die Möglichkeit haben, sich so gründlich mit einem Denkmalobjekt zu beschäftigen.

Oberlaubenställe sind vor allem aus dem Spreewald aber auch in und um Jüterbog und Luckenwalde bekannt. Der Zossener ist der bisher am weitesten nordwestlich gelegene bekannte Bau seiner Art. Während sich im Erdgeschoss offensichtlich Viehställe und Wohnung befanden, diente die Oberlaube in der Regel als Futterlage. Doch in der Oberlaube in Zossen wurde nachträglich eine Decke eingezogen. In einem Raum waren die Wände mit Ziermalereien etwa aus Anfang des 20 Jahrhunderts versehen und offensichtlich schon länger als Wohnung genutzt. Im Raum mit den nachträglich errichteten Wänden und der zusätzlichen Decke wurden an den Wänden Tapetenreste gefunden, die etwa aus den 50iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammen. Anwesende ältere Zossener Einwohner wussten dann auch, wer darin offensichtlich gewohnt hatte; wieder ein Ansatz für das Team um Dietmar Kurapkat.
Auf die weiteren archäologischen Funde und Forschungsergebnisse an der TU zum Oberlaubenstall können die Zossener weiter gespannt sein.

Der Oberlaubenstall in der Berliner Straße 9, war einmal Denkmal des Monats. Über diesen Oberlaubenstall verfasste Kunshistorikerin Hiltrud Preuß ein Merkblatt.

Über Ulrich Wiegmann auf seiner Internetseite mehr erfahren.

Text und Foto: Dr. Rainer Reinecke

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