15. Januar 2010

Text und Fotos: Rainer Reinecke

2011-01-15_Melzer01Anlässlich seines 70. Geburtstages sind seit dem 15. Januar für acht Wochen in der Neuen Galerie in der Ausstellung Rückblick Werke aus vielen Jahrzehnten seines Schaffens zu sehen. Unter den über siebzig Gästen zur Vernissage viele seiner ehemaligen und derzeitigen Kursteilnehmer, Künstlerkollegen wie das Ehepaar Christa und Peter Panzer bildende Künstler aus Oehna, Bildhauer B.W. Blank aus Baruth, Dr. Gerlinde Förster Malerin, Galeristin und Kuratorin von GEDOK Brandenburg e.V. Die Stadt Zossen wurde von Britta Büchner aus dem Bereich Kultur- und Wirtschaftsförderung vertreten. Aber auch Stadtverordnete und Ortsbeiratsmitglieder, wie Carsten Preuss und Dr. Dieter Schäfer

gratulierten dem Künstler. Gut vertreten war auch der Vorstand unseres Heimatvereins. Unsere Vorsitzende, Karola Andrae überbrachte die Wünsche der Mitglieder unseres Vereins.



In seiner Laudatio würdigte Dr. Arno Neumann, Kunst Rezensent, Leben und Werk von Jürgen Melzer. Mit der Note vier, also gerade ausreichend auf dem Zeugnis habe ihn in der Schule der Kunstlehrer bedacht. Was der wo heute sagen würde, fragte sich Neumann. Auf Malen sei Melzer gar nicht von vorn herein festgelegt. Zunächst habe er die Musikschule besucht. Erst bei seinem Dienst in der Armee, wo Bilder oft für Wandzeitungen gebraucht wurden, haben Vorgesetzte ihm empfohlen, doch Kunst zu studieren. Nach einem Vorstudienjahr habe Melzer dann an der Kunstakademie in Dresden studiert. Im Auftrag von Betrieben und Verwaltungen schuf der Künstler Wandbilder, in den einfache Menschen in ihrer Umgebung ihren Platz hatten. Leider wurden diese Werke bis auf eines eingemauert, übermalt und sind für immer verloren.
Jürgen Melzer, viel Gewese um seine Person, wie er dies bestimmt selbst formuliert haben könnte, behagt ihm eigentlich gar nicht. Während der Laudatio sahen die Besucher doch einen sehr nachdenklichen Jubilar.

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Jürgen Melzer erläutert seinem
Schulfreund Maltechniken

Von den Bildern aus der aktuellen Ausstellung hob Dr. Neumann besonders zwei

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hervor. Einfach liegengebliebene Betonsteine werden dargestellt und doch bleibe für den Betrachter viel Raum mit eigenem Empfinden sich das Gemälde zu erschließen. Und dann das Gemälde mit Petroleumlampe und Kabeltrommel. So gegensätzliche und einfache Gegenstände künstlerisch zu verarbeiten sei schon genial. Offensichtlich hat dieses Gemälde sehr viel mit dem Künstler selbst zu tun. Bestimmt nicht zufällig findet sich dieses Bild neben einem Selbstportrait.
Die Ausstellung zeigt Gemälde der verschiedenen Schaffensperioden.

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Basar in Tunesien Mallorca

In den letzten Jahren sind Gemälde unter anderem aus Südfrankreich, Mallorca, Tunesien dazu gekommen, in denen Melzer die Stimmung von Land und Leuten und das besondere Licht sowohl in sanften aber auch grellen Farbtönen wider gibt. Kontraste werden harmonisch und Harmonisches kontrastreich. Einer solchen Spannung kann sich wohl kaum ein Betrachter entziehen.

Aus dem Archiv habe ich einen Artikel hervorgeholt, welchen ich 1996 anlässlich seines 65. Geburtstages für eine Regionalzeitung verfasst hatte. Darin kommt Jürgen Melzer oft selbst zu Wort. Deshalb stelle ich ihn hier nochmals zum Nachlesen zur Verfügung.

Artikel von 1996:
Jürgen Melzer - Malen sein Leben

Jürgen Melzer, Jahrgang 41, bodenständig in unserer Region seit 1968, hat Höhen und Tiefen im Leben eines freischaffenden Künstlers durchschritten. Durch zahlreiche Personalausstellungen so in Berlin, Potsdam, Stahnsdorf, Eisenach, Brandenburg, Ludwigsfelde, Teltow, Zossen und in Polen sowie Ausstellungsbeteiligungen in der ehemaligen Sowjetunion, in Polen, Ungarn, Berlin und Frankfurt/O wurden seine Werke weit über das Märkische hinaus bekannt.

1941 in Berlin geboren, in Mittweida/Sachsen aufgewachsen, lebt und malt Jürgen Melzer seit 1968 in der Mark Brandenburg. „Als Kind“, so erinnert er sich, „war eine Pappkiste mit abgebrochenen Buntstiften mein einziges Spielzeug.“ Auf Packpapier von Paketen, auf Rückseiten ausgedienter Formulare entstanden seine ersten Skizzen und Bilder. Dennoch führte sein Weg nicht geradlinig zum Maler und Grafiker. Zunächst erlernte er den Beruf eines Maurers, besuchte ein Jahr die Musikschule in Karl-Marx-Stadt, kam zur Armee. Während der Armeezeit wurde er angeregt, sich an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden zu bewerben. Sein Studium begann er an der Arbeiter- und- Bauern-Fakultät, legte das künstlerische Abitur ab und studierte dann bis 1968 an der Hochschule. Zu seinen Lehrern zählten unter anderem der Dix-Schüler Professor Bergander, Prof. Gerhard Stengel, Franz Tippel, Erich Hering, Prof. Horlbeck (Grafik) und Prof. Michaelis.
Nach dem Studium voller Tatendrang, mußte Jürgen Melzer sehr bald erfahren, Talent, Ausbildung und Fleiß sind zwar notwendige aber noch lange nicht hinreichende Bedingungen für einen freischaffenden Künstler. „Wer unbekannt war, von dem wollte auch keiner etwas wissen. So bin ich fast fünfzehn Jahre im luftleeren Raum herumgerudert“, so charakterisiert er selbst diesen Lebensabschnitt. Seine erste eigene Wohn- und Arbeitsstätte wurde eine mit Pappe ausgeschlagene Dachwohnung in Ludwigsfelde, im Sommer zu heiß, im Winter zu kalt. Verheiratet, erhielten er und seine Frau eine Neubauwohnung in der Allende-Straße. Ein feuchter Keller in Zossen, durch den Frösche hüpften, in dem ständig Neonlicht brennen mußte und an dessen ebenerdigen Fenstern fast pausenlos die Militärkolonnen nach Wünsdorf vorbeidonnerten, wurde zu seinem Künstlerdomizil.
Auftragsarbeiten, so für das Autowerk in Ludwigsfelde, für das ACZ in Dabendorf und für die Milchviehanlage in Baruth, verbesserten schließlich die Lebenslage des Künstlers. So konnte er noch vor der Wende ein Anwesen in Dabendorf erwerben. Das Heranwachsen von Gräsern, Bäumen und Sträuchern, die hereinbrechenden Sonnenstrahlen, der Wandel der Jahreszeiten -im Wald vor seinem Atelierfenstern faszinieren den Künstler immer aufs Neue, fordern ihn aber zugleich heraus. Er durchstreift immer wieder diesen Wald, hat schon oft über ihn geflucht.
Während seine etwas rundliche Gestalt in der Latzhose und die behutsamen Bewegungen seiner schweren Hände Ruhe ausstrahlen, sind seine Augen immer auf der Suche, scheinen Umrisse, Licht und Farben in ihrem ständigen Wechsel einfangen zu wollen. Jürgen Melzer ist kein Gedankenmaler, der aus seinen Vorstellungen und Gefühlen heraus malt, er braucht das Gegenständliche. Er muß sehen und erleben, sonst sei er hilflos. Jedoch bildet er das Gesehene nicht einfach ab. Zunächst entstehen Berge von Skizzen. „Die Zeichnung ist für mich das Gerüst, um die Malerei herumspannen zu können, der Kern der Formung.“ Auf den Skizzen finden sich Dorfplätze, Landschaften, interessante Details von Bauwerken, technischen Anlagen, Blumen und anderen Pflanzen ebenso wie Menschen in ihren Beziehungen zu den Dingen.
Bevor die Zeichnungen auf der Staffelei übertragen und mit Farben umspannt werden, liegen die Skizzen oft monatelang im Schub. An der Staffelei setzt er sich dann erneut mit dem Erlebten auseinander. Erfahrungen aus der dazwischen liegenden Zeit fließen ein, nicht selten haben sich seine Auffassungen zum Malen und zu den Dingen verändert. Dabei geht das Wechselspiel zwischen Wirklichkeit und seelischer Verarbeitung oft bis an die Grenze psychischer Belastbarkeit. Kunst ist für Jürgen Melzer nicht Teil seines Lebens, sondern sein Leben.
Auf eine bestimmte Stilrichtung läßt er sich nicht festlegen. Er sei ein impressiver Expressionist. Malte er vor der Wende vorwiegend tonig mit mehr grauen Farben, so sind jetzt seine Bilder farbiger, manchmal regelrecht krachig. Farbkompositionen, die intensive Grün- und Gelbtöne ebenso wie Pink, Lila und ein grelles Blau einschließen, zeugen von einer anderen Sicht auf die Gegenstände. Dies habe für ihn jedoch keinen direkten Bezug zu den gesellschaftlichen Umwälzungen, sondern deute eher auf eine Entwicklungsphase im künstlerischen Schaffen hin. Farb- und Bildkompositionen widerspiegeln in gewisser Weise die wesentlichen Charakterzüge des Künstlers, eine äußerliche Ruhe oder auch Harmonie voller innerer Spannung. Das Beherrschen der verschiedensten Techniken und der Umgang mit den vielfältigsten Materialien kommen Jürgen Melzer auch beim Restaurieren von Gemälden zugute.
Er ist davon überzeugt, daß auch unter den neuen gesellschaftlichen Bedingungen „nur jener dauerhaft künstlerisch bestehen kann, der auch künstlerische Werte schafft“. Dabei gibt es für ihn keine schlechte oder gute Kunst, sondern nur Kunst oder Nichtkunst.
Jürgen Melzer ist kein zeichnender oder malender Eremit. Seit er als freischaffender Künstler tätig ist, leitete er Zirkel, Kurse, Werkstätten, Pleinairs mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsen. „Hier habe ich Kontakt zu anderen Leuten, erhalte selbst Anstöße zum Nachdenken, spüre eine erste Resonanz auf meine eigenen Bilder. Wenn diese Seite fehlen würde, würde ich in einem geschlossenen Topf herumschmoren.“
Für eine von der Gesellschaft für deutsch-polnische Zusammenarbeit organisierte Ausstellung in Zgorzelec (Polen) werden gerade 70 Bilder des Jürgen Melzer ausgewählt.

2005 stellte Jürgen Melzer im "Alten Krug" aus

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