Der Zimmerer setzt als Letztes das Stechbeitel auf dem Eingangsbalken des „Alten Krugs“ an, hebt den Holz-Klüpfel und holt mehrmals zum gezielten Schlag aus. Er schlägt die Buchstaben J.H.S. A.M.V. I.M.W. Z.M. und dann Anno 1... (?) tief in das Holz ein. Es sind die letzten handwerklichen Schläge, die um 1750 zur Weihe des neuen Hauses klar erklingen. Gottes Segen dem Haus und dessen Bewohner. Die ersten sechs Buchstaben bedeuten „Jesus - Heiland - Seligmacher. Sei gegrüßt, Maria!“. Die Jahreszahl ist im Dezember 1991 nicht mehr zu erkennen.
Die Geschichte dieses Hauses ist des Öfteren beschrieben und auch auf unserer Homepage nachzulesen. Jedoch sind die einzelnen Phasen der Wiederbelebung dieses Kleinod's bis dato dürftig geschildert.
Halten wir aber jetzt einmal das Brennglas auf die 12 Jahre, die uns mit der Rettung des „Alten Krugs“ ein spannendes Kapitel der Heimatgeschichte eröffnen, und schauen wir uns einmal dessen Konstruktion in den noch folgenden Beiträgen genauer an. Es sind die Jahre von 1982 bis 1994, die ich Ihnen in mehreren Beiträgen nahe bringen möchte.
Fünf Namen sind dafür als Erstes hervorzuheben: Frau G. Siekierka (Kulturamt Zossen), Dieter Frambach (ehrenamtlicher Betreuer des Objektes, der damit zum Denkmalschützer wurde), Frau Breetzmann (Konservator vom Institut für Denkmalpflege Berlin), Frau Galley (Kulturamt Zossen) und Werner Dünkel (Architekt und Planer). Es sind die Hauptakteure, die den kulturellen Wert des Hauses erkannt und sich für dessen Erhaltung eingesetzt haben.
Aber jetzt möchte ich erst einmal zum Einstieg D. Frambach († 2019) zu Worte kommen lassen … er schrieb u. a. in einem damaligen Aufsatz folgendes: "Die letzte Eigentümerin und Bewohnerin dieses Hauses, Frau Elisabeth Helmecke geb. Richter, war Nachkomme des von Friedrich dem Großen 1756 in den Weinbergen angesiedelten Kolonisten und Garnwebers Johann Christoph Richter. Sie starb 1982 im Alter von 82 Jahren. Ihr Großvater, der Altsitzer und Zimmermann, Carl August Wilhelm Richter hatte die Parzelle 1892 vom Destillateur Carl Schwietzke aus Zossen erworben. Der 1959 verstorbene Vater von Frau Helmecke, Wilhelm Karl August Richter, nutzte das Anwesen lange Jahre im Nebenerwerb als Landwirt, sein Haupteinkommen erzielte er als Vorarbeiter in der damaligen Forstwirtschaft Zossen und Umgebung. Nach 1945 diente das Haus vorwiegend Wohnzwecken. Nachforschungen im Katasteramt ergaben, das der Schankwirt Carl Wilhelm Lehmann mindestens seit 1865 im Besitz des Kruges war. Sein Sohn Ferdinand Friedrich Lehmann, im Volksmund der Krug-Lehmann genannt, verkaufte das sogenannte Stammgut 1890. Frau E. Helmecke stellte 1980 einen Wohnungsantrag an die Stadt Zossen. Das Reetdach war in einem sehr schlechten Zustand und es regnete überall durch. Als ihr 1500 Bund Reet (Rohr) zum Dachdecken kostenlos zur Verfügung gestellt wurden, versuchte die 80igährige die Dachschäden beheben zu lassen. Das Vorhaben misslang und der Verfall des Hauses setzte sich fort. Beim Rat des Kreises Zossen war man auf das alte Fachwerkhaus aufmerksam geworden. Seine große Bedeutung erkannt zu haben war mit ein Verdienst von Frau G. Siekierka, in Zossen im Kulturbereich tätig. Ihr zur Seite stand Konservator Frau Breetzmann vom Institut für Denkmalpflege Berlin. Der Wunsch, dieses einmalige Haus Instand zu setzen nahm immer festere Formen an. Frau Siekierka wandte sich mit ihrem Anliegen an Frau D. Wolter, Tochter von Frau Helmecke und an Bürger der Zossener Weinberge. "Zwischen der Erbengemeinschaft nach Wilhelm und Anna Richter sowie E. Helmecke, geb. Richter, vertreten durch D. Wolter" wurde 1982 mit dem Rat des Krs. Zossen ein Nutzungsvertrag über den "ALTEN KRUG" abgeschlossen. Ein Jahr später wird obiger Nutzer Rechtsträger der Liegenschaft. Damit war die Finanzierung einer künftigen Rekonstruktion des gerade unter Denkmalschutzverdacht gestellten barocken Fachwerkhauses möglich.“
Und jetzt folgt schon im Jahr 1985 die Stellungnahme von Frau Breetzmann, mit dem Ziel, eine Empfehlung zur Aufnahme in die Denkmalliste zu generieren. Sie schreibt: „Die Aufnahme in die Denkmalliste wird als erster Schritt zur Erhaltung und Pflege des einzigartigen Architekturdenkmals vorgeschlagen.“ Damit können Gelder und Material zur Erhaltung des „Alten Kruges“ akquiriert werden. Wer nicht mehr die katastrophale Situation der DDR vor Augen hat, der möge sich einmal die Geschichte der Altstadt von Bernau anschauen. Für die Denkmalpflege war kaum noch Kraft vorhanden.
… bis zum nächsten Mal.
Heimatliche Grüße
Thomas Krause — Zossen, 2025