2010-11-24
Dies hat auch Volkmar Wittenhagen (84) erfahren, als er nach dem II. Weltkrieg, zurück aus Kriegsgefangenschaft, aus praktischen Gründen nicht seine durch den Krieg unterbrochene kaufmännische Ausbildung fortsetzte, sondern Tischler lernte. Diesem Umstand verdankt der Heimatverein „Alter Krug" heute die Übergabe von neunzehn Kunsttischlerhobel, die mindestens achtzig Jahre alt sein dürften. Als Herr Wittenhagen sie Anfang der fünfziger Jahre von der Witwe eines Kunsttischlers erwarb, arbeitete er zwar bereits im Laden bei seinem Vater in Berlin Lichterfelde. Dem Anblick dieser Geräte, was heißt hier Geräte, dieser Werkzeuge oder besser noch der Violinen eines Tischlers, konnte er nicht widerstehen. „Dazu gehört eigentlich noch eine Hobelbank", so der 84 jährige, aber die brauche er noch.
„Sie ist noch voll funktionstüchtig, lediglich die Vorderzange musste ich erneuern." Mit einigen dieser wertvollen Werkzeuge hatte er dann noch gearbeitet, so als er das Treppengeländer im Haus und einen Teil seiner Ladeneinrichtung selbst baute. Er hatte inzwischen die Reformhausakademie absolviert und in Lichterfelde, Unter den Eichen, ein eigenes Geschäft. So haben selbst die beiden Kartons, in denen die Hobel dem Heimatverein übergeben wurden, ihre eigene Geschichte.
Carottes Primeurs, steht daraufgeschrieben, junge Karotten aus Israel fanden 1970 in diesen Kartons den Weg von Israel in sein Geschäft nach Lichterfelde, und dienten dann weiter als Umzugskisten bei den Umzügen nach Lankwitz bevor die Eheleute Wittenhagen sich nach Weilburg, der Perle an der Lahn, aufmachten.. „So schön dort die Landschaft auch ist, das bergige Gelände, selbst in der Stadt, wurde für uns bald ein Hindernis. Die Kinder in Berlin baten uns doch in ihre Nähe zu ziehen, und so zogen wir 1999 aufs flache Land nach Zossen." Beinahe wäre der Schatz den Zossenern doch noch verloren gegangen, denn das erste Angebot war ein Wohnhaus in Thyrow.
Diese ganzen Wege haben die Wittenhagens auch die Hobel begleitet, bevor die Wittenhagens sich schließlich entschlossen, sie dem Heimatverein verpackt in den israelischen Karottenkartons zu übergeben. Noch sind die Violinen des Tischlers in den Kartons gut verpackt. In diesem Jahr werden sie im „Alten Krug" ausgestellt werden. Darunter auch das Stück, welches Volkmar Wittenhagen auf dem
Volkmar Wittenhagen mit einer Rauhbank | Volkmar Wittenhagen mit Nuthobel |
Foto in der Hand hält. Ein Laie wird dies zunächst gar nicht für einen Hoobel halten, ein Nuthobel mit verstellbarem Abstand. Ähnliche Modelle sind in Internetmuseen mit Jahreszahlen zwischen 1860 und 1900 datiert. Eine Rauhbank hält Volkmar Wittenhagen auf dem zweiten Foto in den Händen. Diese enthielt zwei Hobeleisen, eines zum Spanabheben und eines zum Spanbrechen. „Wird der Span nicht
Hohlkehlhobel | Volker Wittenhagen erklärt einen Simshobel |
gebrochen, so besteht die Gefahr, dass das Holz reißt. Neben sieben Hohlkehlhobeln gehören auch sechs Profilhobel und vier Simshobel zum Set, wie dies neudeutsch jetzt heißt. Besonders interessant, die Profilhobel. „Stellen Sie sich immer das Gegenstück vor, dann werden sie erkennen, welche kunstvollen Profile Möbel kanten, Treppengeländer und auch Türen damit geformt worden sind. So wie Handwerker ihr Werkzeug gepflegt hatten, würden auch heute noch Späne fallen, wo diese vielleicht über einhundert Jahre alten Hobel eingesetzt würden.
„Wir fühlen uns in Zossen sehr wohl. Vor allem im Heimatverein und in der Kieselbörse haben wir sehr viele nette Leute kennen gelernt," so Volkmar Wittenhagen zum Abschluss meiner einstündigen Tischlerlehre.
Text und Fotos: Dr. Rainer Reinecke