Buchvorstellung: Siegfried Wietstruck: Über Küster und Schulmeister
Über Küster und Schulmeister, so der Titel seines soeben erschienenen Buches, wusste Siegfried Wietstruk auch einiges zu erzählen. Eingeladen vom Heimatverein „Alter Krug“ Zossen, stellte er sein, vom Heimatverein herausgegebenes Buch am 13. November 2010 in der Stadtbibliothek vor.
Beinahe jedoch wäre gar kein Buch zum Vorstellen da gewesen. Beim Verlag war die Büchersendung abgegangen. Eigentlich sollte sie am Freitag zwischen acht und zwölf bei Familie Andrae eintreffen. Doch nichts geschah, kein Transporter, keine Bücher. Am Abend galt die Sendung zunächst einmal als verschollen, bis sie sich dann doch wieder im Internet verfolgen ließ.
Schließlich die Mitteilung: Sendung um 06.08 im Berliner Verteilerzentrum eingetroffen, um 07.48 Auslieferung nach Zossen. Gegen 9.25 bog endlich der orangefarbene Transporter in den Luchblick ein. So konnte dann doch noch der Autor pünktlich um zehn loslegen.
Die Blutdruckwerte der Andraes pegelten sich auch langsam wieder ein. Über diesen Nervenkitzel berichtete die Vereinsvorsitzende Karola Andrae während ihrer Begrüßung des Autors und der 28 erschienen Gäste. Mit diesem Buch habe der Heimatverein sein drittes Buch zur Heimatgeschichte herausgegeben, sie würdigte die Forschungsarbeit des Autors, deren Ergebnisse das Buch in erzählender Form widerspiegelt. Als Gast war auch der Sohn des Autors, Jürgen Wietstruk, erschienen. Er zeichnet für das Layout des Buches verantwortlich. Mit den Grafiken von Jürgen Melzer erhielt das Buch auch einen sehr ansprechenden Einband.
Gudrun Haase, Leiterin des Schulmuseums in Zossen, verhehlte nicht ihre Freude über das Erscheinen dieses Buches. „Herr Wietstruk hat mich vor allem angeregt, im Schulmuseum nicht nur Gegenstände aus vergangenen Schulzeiten auszustellen, sondern das Museum selbst zu einer Stätte der Forschung über die Geschichte das Schulwesen in Zossen werden zu lassen.“
Dr. phil. Siegfried Wietstruk, der selbst noch eine Einklassenschule besuchte, später dann fünfundzwanzig Jahre als Lehrer vor allem für Geschichte tätig war, er-zählte gar nicht so viel über den Inhalt seines Buches, sondern mehr darüber, wie er dazu gekommen ist, zur Geschichte der Landschulen im ehemaligen Kreis Teltow, als Schulen des niederen Schulwesens zu forschen. Über 300 Jahre Schulgeschichte im ehemaligen Kreis Teltow lässt Wietstruk in seinem Buch wiederaufleben. Die allgemeine Schulpflicht durchzusetzen erwies sich als ein schwieriges Unterfangen so Wietstruk. „Drei Schwierigkeiten standen dem entgegen. Erstens wurde das Schulwesen von den Gemeinden finanziert und die hatten meist kein Geld, soll es ja heute auch noch geben. Zweitens: Für den Schulbesuch hatten die Eltern, Schulgeld zu entrichten, das war oft auch nicht vorhanden. Drittens: Die Kinder arbeiten auf dem Feld und im Stall mit. So hinderte auch die Kinderarbeit die allgemeine Schulpflicht.“
Unterrichtet wurde in den Landschulen vor allem Religion, aber auch Lesen und Schreiben. Gehorsam gegenüber der Obrigkeit und Gottesfürchtigkeit bildeten die vorrangigen Bildungsziele. Erst in der Weimarer Republik übernahm der Staat die Kontrolle über die Schule. Bis dahin bestimmten die Kirchen das Schulwesen. Kirchliche Würdenträger waren so auch oberste Schulbehörde.
Lehrerfamilien seien oft sehr kinderreich gewesen, so Wietstruk weiter. Da das kärgliche Gehalt des Dorfschullehrers nicht ausreichte, um die Familie zu ernähren, waren die Lehrer zumeist auch Küster und Schneider oder sie züchteten auch Seidenraupen. Als Lehrer arbeiteten sie meist bis an ihr Lebensende, denn eine Altersvorsorge kannten sie nicht. Wollte ein anderer die Lehrerstelle vor dem Ab-leben des bisherigen Lehrers übernehmen, so hatte er ihn mitzuversorgen. Lehrerdynastien die oft über einhundert Jahre bestanden, seien unter anderem in Sperenberg und Wünsdorf nachzuweisen.
Zu seinen Absichten, die er mit seinem Buch verfolge, äußerte Wietstruk, er habe nicht nur das Alltagsleben in den Schulen und der Lehrer widergeben wollen, sondern die Entwicklung des Schulwesens in die jeweilige Schulpolitik der Herrschenden eingeordnet. Eine weitere Absicht sei gewesen, einen Beitrag zur Aufwertung des Teltow, der einst bis Berlin Mitte reichte, zu leisten.
„Mir stößt es jedes Mal unangenehm auf“, so Wietstruk, „wenn im Wetterbericht von Ludwigsfelde und Rangsdorf im Norden des Fläming gesprochen wird“.
Der Einladung von Gudrun Haase, im Anschluss noch das Schulmuseum zu besuchen folgten fast alle Gäste aber auch Siegfried Wietstruk. Noch einmal setzte er sich in eine der Schulbänke.
Nach einem ersten Einlesen fällt es schwer das Buch aus der Hand zu legen. Viel Spaß und Erkenntnisgewinn beim Lesen.
Text und Fotos: Dr. Rainer Reinecke