Heimatverein "Alter Krug" Zossen e.V.

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2019 10 19 01In ihren einleitenden Worten hob Karola Andrae hervor, dass diese Veranstaltung das erste Ergebnis einer vereinbarten engeren Zusammenarbeit zwischen dem Heimatverein und dem Verein Bildung und Aufklärung in Zossen (BAZ) e.V. sei. Kurt Liebau ist Vorstandsmitglied im BAZ e.V.

Kurt Liebau forscht seit Jahren zur Heimatgeschichte Zossens, insbesondere in der Zeit vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die Nachkriegszeit nach dem II. Weltkrieg im 20 Jahrhundert. So ist er maßgeblich an der Erforschung des jüdischen Lebens in Zossen beteiligt gewesen auf deren Ergebnissen auch die Verlegung von Stolpersteinen in Zossen beruhte. Zu seinem Spektrum gehört aber auch die Erforschung der Anfänge der Arbeiterbewegung in Zossen und damit verbunden der Industrie und des Handwerks.

 

In seinem Vortrag „Von Augenpulver, Typenfängern und Zwiebelfischen“ beschäftigte sich Kurt Liebau mit der Geschichte des Druckereiwesens in Zossen. Er spannte in seinem Vortrag einen Bogen von den ersten Druckereien bis zum Niedergang des Druckereiwesens in Zossen.

 

2019 10 19 02Zunächst klärte er über die Begriffe Augenpulver, Typenfänger und Zwiebelfische auf. Danach bezeichnet Augenpulver in der Typografie eine besonders klein oder eng gesetzte und damit schwer lesbare Schrift, Typenfänger seien in der Fachsprache der Drucker die Setzer und Zwiebelfische würden Schriftsetzer durcheinanderliegende, ungeordnete Schrifttypen nennen.

Sehr detailreich schilderte er warum die ersten Druckereien in Zossen entstanden sind. Er zeigte auf welche Unternehmer in welcher Reihenfolge die Druckereien führten. Zur Produktpalette der Zossener Druckereien gehörte im Grunde genommen alles, was sich irgendwie drucken ließ, Zeitungen, Dissertationen, Bücher, Ansichtskarten bis hin zu aufwendigen Kunstdrucken. Als eine sichere Finanzierungsquelle galt der Druck von amtlichen Bekanntmachungen in Wochenzeitungen wie dem Stadt- und Landboten und dem Zossener Allgemeiner Anzeiger.

Breiten Raum nahm dann die Geschichte der Zossener Großdruckerei in der Stubenrauchstraße (Deutsche Buch- und Kunstdruckerei und später Berliner Buch- und Kunstdruckerei) ein. In diesem Zusammenhang stellte Kurt Liebau einige grundlegende technische Entwicklungen des Buchdrucks vor. An Hand von Fotos zu den einzelnen Setzverfahren wie Monotype, Linotype und dem Rotationsdruck handelte Kurt Liebau die technologischen Abläufe in den damaligen Druckereien vom Satz über Druck bis zur Auslieferung ab.

Bereits in den ersten Abschnitten seines Vortrages riss Kurt Liebau auch die Zusammenhänge zwischen der Entwicklung des Druckereiwesens und den gesellschaftlichen und politischen Umbrüchen in der Zeit vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis in die Nachkriegszeit im 20. Jahrhundert an.

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Die Reihe Bücher des Hauses umfasst mehrere Bände und wurde in Zossen gedruckt

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Musterpostkarte, Prinz Heinrich von Preußen, gedruckt in Zossen
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Illegal gedruckt: Bericht Gründungsparteitag KPD (Faksimile) und Aufruf zum
Streik gegen den Kapp-Putsch 1920

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Die hohe Kunst des Buchdrucks

 

Mit den Druckern, Setzern und Hilfskräften der Großdruckerei kam Bewegung in das bis dahin beschauliche konservative Städtchen Zossen. In den Druckereien herrschten klare Hierarchien zwischen Druckern, Setzern und Hilfskräften. Zur Durchsetzung ihrer Interessen gegenüber dem Unternehmen gründeten sie Ortsvereine als Teil der jeweiligen Gewerkschaften. So kam es auch zur Bildung der ersten deutschlandweiten Tarifgemeinschaft zwischen Buchdruckerverband und dem Verband der Druckereibesitzer.. Und was Zossen bisher überhaupt nicht kannte, geschah 1903: Die Buchbinder und Hilfsarbeiter der Druckerei streikten. Am 1. Mai 1902 demonstrierten Drucker von ihrer Druckerei in das Lokal in den Weinbergen, wo sie ihrer Maifeier abhielten. Am 8. Februar 1903 wurde der erste Ortsverein der SPD gegründet. Später druckten die Druckereiarbeiter in Zossen auch illegal unter anderem Dokumente der SPD und der KPD sowie den Aufruf zum Generalstreik während des Kapp-Putsches 1920.

Konnten die Druckereien während des Ersten Weltkrieges wegen der Einberufung der Arbeiter in den Kriegsdienst bereits Mühe, den Betrieb aufrecht zu erhalten, so leitete die Weltwirtschaftskrise den allmählichen Niedergang des Druckereiwesens in Zossen ein. Auch wegen der Gleichschaltung der Druckmedien in der Zeit des Faschismus mussten einige Druckereien ihren Betrieb einstellen.

Da der Vortrag nur einen Ausschnitt der Forschungsergebnisse darstellt und nur einen begrenzten Personenkreis der Besucher zugänglich gemacht wurde, sollte darüber nachgedacht werden, eine ausführliche Dokumentation in gedruckter oder digitaler Form der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Text und Fotos: Dr. Rainer Reinecke

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